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Unfall oder Krankheit, welche Versicherung zahlt?

Ob beim Sport, im Alltag oder in der Freizeit – Unfälle passieren schneller als man denkt. In der Schweiz über eine Million jährlich. Doch was viele nicht wissen: Nicht jedes Missgeschick, das wir im Alltag als „Unfall“ bezeichnen würden, wird juristisch auch als solcher anerkannt. In der Schweiz ist die Grenze zwischen Unfall und Krankheit oft überraschend schnell und dennoch hat die Unterscheidung erhebliche finanzielle Folgen. Dieser Artikel erklärt, wann die Unfallversicherung greift und wann stattdessen die Krankenkasse einspringt – und zeigt anhand von Beispielen, welche Fragen sich in der Praxis stellen.

Der Unfallbegriff ist gesetzlich verankert: Ein Ereignis gilt dann juristisch als Unfall, wenn ein plötzlicher, ungewöhnlicher äusserer Faktor auf den Körper einwirkt, ohne dass diese Einwirkung absichtlich erfolgt. Fehlt eine der vorgegebenen Voraussetzungen, wird ein Ereignis nicht als Unfall, sondern als Krankheit eingestuft. Mit der Folge, dass nicht die Unfallversicherung, sondern – wenn überhaupt – die Krankenkasse die Kosten übernimmt. Dies kann insbesondere durch den womöglich hohen Selbstbehalt und die Franchise teuer werden. Bei der Beurteilung, ob ein Unfall vorliegt, scheitert es oftmals an der Voraussetzung des ungewöhnlichen äusseren Faktors.

Die rechtliche Auslegung der Ungewöhnlichkeit führt bisweilen zu unerwarteten Ergebnissen. Nachfolgend einige Beispiele aus der Praxis als Kostprobe. Ein Reitunfall aufgrund eines Stolperers des Pferdes erfüllt den Unfallbegriff nicht und die Krankenkasse hat die Kosten zu übernehmen. Jedoch gilt ein Reitunfall aufgrund eines Einknickens des Pferdes als ungewöhnlich und somit als Unfall. Ebenfalls stellt ein Zahnschaden aufgrund einer nicht entsteinten Olive auf einer Olivenpizza etwas Ungewöhnliches und somit einen Unfall dar, jedoch nicht ein Olivenstein in einer Packung entsteinter Oliven. Auch während sportlicher Betätigung hat das Bundesgericht regelmässig Unfallqualifikationen zu beurteilen. So ist die Ungewöhnlichkeit beim Bandencheck im Eishockey, beim Misstritt beim Volleyball oder beim Aufschlagen des Steissbeins beim Befahren einer harten Buckelpiste gegeben. Nicht gegeben ist dieses Kriterium hingegen bei einer Knieverletzung beim Fussballspielen, beim Fehlschlag im Golf oder bei einer missratenen Rückwärtsrolle. Im Alltag sind diese Unterschiede trivial. In der Rechtspraxis kann dies zu langen Gerichtsverfahren führen. Es kann sich daher lohen, ein besonderes Augenmerk auf eine präzise und genaue Schadensmeldung zu richten, um bereits im Vorhinein Missverständnisse zu vermeiden.

 

Von MLaw Lisa Stöckli, publiziert in der Linth Zeitung, im Sarganserländer und im Werdenberger&Obertoggenburger


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