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Hilfe mein Nachbar bedroht mich

Wenn ich jeweils zu Fuss nach Hause laufe, benutze ich regelmässig eine Abkürzung über das Grundstück meines Nachbarn. Vor ein paar Tagen hat mir mein Nachbar wieder einmal den Weg versperrt. Er hat mich am Arm gepackt und lauthals gedroht, beim nächsten Mal rufe er die Polizei. Darf er das?

 

L.K. aus Schänis

Grundsätzlich darf der Eigentümer eines Grundstückes bestimmen, wer den Weg über sein Grundstück benutzen darf und wer nicht (Art. 641 ZGB). Soweit Sie, lieber L.K., keine spezielle Berechtigung vorweisen können, begehen Sie grundsätzlich eine Eigentumsverletzung zulasten Ihres Nachbarn, wenn Sie sein Grundstück betreten. Eine Berechtigung kann sich aus einer mündlichen oder schriftlichen Abmachung ergeben oder aus der Einräumung eines Wegrechtes, welches im Grundbuch eingetragen wird. Selbst wenn Sie den Weg schon jahrelang unbeschadet als Abkürzung genutzt haben, können Sie daraus nicht einen Benutzungsanspruch herleiten.

Wenn Sie den Weg über das Grundstück unbefugt betreten, kann und darf sich Ihr Nachbar wehren. Dazu stehen ihm verschiedene Möglichkeiten offen: Einerseits kann er Sie, auf frischer Tat ertappt, vom Grundstück vertreiben. Dazu darf er sogar Gewalt anwenden, wobei diese nach den Umständen gerechtfertigt sein muss (Art. 926 ZGB). Das Versperren des Weges erscheint vor diesen Hintergrund ohne Weiteres als zulässig. Auch das Packen am Arm ist wohl als noch verhältnismässig zu betrachten, wenn Sie sich an Ihrem Nachbarn vorbeigedrängt haben.

Ihr Nachbar kann ferner beim Gericht gegen Sie klagen und fordern, dass Sie sein Grundstück nicht weiter betreten dürfen (Unterlassungsklage). Soweit Ihrem Nachbarn durch die Benutzung seines Weges ein Schaden entstanden wäre, könnte er auch Schadenersatz verlangen (Art. 928; Art. 937 ZGB).

Hingegen dürfte das Rufen der Polizei und eine strafrechtliche Anzeige wenig Erfolg haben, wenn der Privatweg nicht erkennbar abgegrenzt ist. Der Straftatbestand des Hausfriedensbruchs verlangt eine sog. „Umfriedung“ (Art. 186 StGB). Nur wenn Ihr Nachbar eine durch das Gericht bewilligte Verbotstafel aufgestellt hätte, könnte die Widerhandlung eine Busse bis zu CHF 2‘000.- zur Folge haben (Art. 258 ZPO).

Übrigens: Das Betreten eines fremden Wald- oder Weidegrundstücks ist grundsätzlich gestattet (Art. 699 Abs. 1 ZGB). Es liegt keine Eigentumsverletzung vor, wenn Sie beispielsweise auf einer Wanderung eine Abkürzung durch ein Waldgrundstück nehmen.

 

von MLaw Severin Gabathuler, publiziert in Obersee-Nachrichten


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