Wo Bauaufträge nicht zum Pauschalpreis vergeben werden, resultiert oft ein Streit über die Höhe des verrechneten Aufwandes. Vor allem dort, wo der Aufwand nicht in einer schriftlichen Offerte beziffert wurde. Das Bundesgericht hat die Messlatten für Bauunternehmer hoch angesetzt. Die Unternehmen müssen den getätigten Aufwand nicht nur detailliert nachweisen, sondern auch den Nachweis erbringen, dass die Leistungen notwendig und angemessen waren.
Das Bundesgericht verlangt einen so hohen Detaillierungsgrad, dass die sogenannte «Substanziierungslast» nur getragen werden kann, wenn während dem Bauen vorgesorgt wird. Dabei reicht es nicht, dem Gericht eine Zusammenstellung der pro Tag und Mitarbeitenden angefallenen Stunden einzureichen. Die erbrachten Arbeiten sind im Einzelnen zu beschreiben. Dies bedingt, dass die angefallenen Arbeiten im erforderlichen Detaillierungsgrad spezifiziert und protokolliert werden. Einen zusätzlichen Vorteil im Streitfall und vor allem in einem Prozessverfahren verschafft sich, wer die präzise spezifizierten Rapporte regelmässig von der Bauherrschaft genehmigen lässt.
Als Beweismittel im Baurechtsprozess elementar sind auch die Gutachten, welche auch darüber Aufschluss geben können, ob die von einer Unternehmerin geltend gemachten Aufwendungen tatsächlich erbracht wurden und ob sie notwendig sowie angemessen waren. Gutachten sind aber nach der Zivilprozessordung nicht gleich Gutachten. Ein selbständig eingeholtes Gutachten hat lediglich den Rang einer Parteibehauptung, nicht die Kraft eines Beweismittels. Damit einem Gutachten Beweiskraft zukommt, muss es durch das Gericht angeordnet worden sein. Dieser erschwerende Umstand soll im kommenden Jahr behoben werden. Die bevorstehende ZPO-Revision (per 01.01.2025) wird eine Änderung mit sich bringen, indem auch Privatgutachten mit Beweismittelqualität ausgestattet werden.
Der Nachteil von Gerichtsgutachten ist der Umstand, dass man vor Prozessbeginn noch nicht weiss, wie das Gutachten ausfällt. Um die Prozessaussichten bereits vor Einreichung einer Klage besser abschätzen zu können, bietet das Gesetz die Möglichkeit einer vorsorglichen Beweisabnahme. Damit kann vor dem Hauptprozess ein gerichtliches Gutachten beantragt werden. Der Prozess wird dann erst eingeleitet, wenn das Ergebnis des Gutachtens bekannt ist. Diese vorsorgliche Beweisabnahme gibt es aber nicht gratis. Die gesuchstellende Partei ist kostenpflichtig unabhängig vom Ergebnis des Gutachtens. Nur dann, wenn nachträglich ein Prozess eingeleitet und gewonnen wird, können die Kosten der Gegenpartei, der Bauherrschaft, aufgebrummt werden.
Um die umstrittene Werklohnforderung zu sichern, kann die Unternehmerin auf dem Baugrundstück ein Bauhandwerkerpfandrecht eintragen lassen. Zeigt sich der Bedarf eines Bauhandwerkerpfandrechts erst nach der Bauvollendung, kann die Eintragung spätestens innert 4 Monaten beantragt werden. Das Bauhandwerkerpfandrecht kann nur für «handwerkliche» Arbeit verlangt werden, nicht für geistige Arbeit von Architektinnen und Ingenieuren. Es kann vorkommen, dass eine Bauherrschaft sämtliche Rechnungen bezahlt hat, aber wegen eines Honorarstreites zwischen Unternehmerin und Subunternehmerin doch noch ein Bauhandwerkerpfandrecht eingetragen wird. Will der Grundstückeigentümer die Zwangsverwertung seines Grundstücks abwenden, muss er schlimmstenfalls die bereits der Totalunternehmerin vergüteten Leistungen auch der Subunternehmerin nochmals bezahlen.
Im Mehrparteienverhältnis ist neben dem Risiko einer Doppelzahlung auch eine problematische Regelung insbesondere der Klageberechtigung ein wiederkehrendes Thema. Nicht selten finden sich in vorformulierten Verträgen unpassende Klauseln, welche von der Vertragspartnerin ungeprüft akzeptiert werden. Würde der Vertragsgestaltung mehr Aufmerksamkeit zukommen, liessen sich viele Prozesse vermeiden.
Von MLaw Lisa Stöckli und MLaw Severin Gabathuler, publiziert in der Linth Zeitung und im Sarganserländer