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Weihnachtsgeschenke

Oder, genauer: Die in dekorierter Hülle und mit dem Zweck, den zur Weihnachtszeit üblichen Gepflogenheiten in adäquater Weise Rechnung zu tragen, im Hinblick auf eine am Weihnachtsvorabend erfolgende Enthüllung übergebenen Güter körperlicher oder unkörperlicher Natur.

Täuschen Sie sich nicht, diese Konkretisierung ist wichtig. Schliesslich muss die rechtliche Natur eines Weihnachtsgeschenks zum Voraus bekannt sein, will man sich nicht in fahrlässiger Weise den Konsequenzen einer Geschenkübergabe ahnungslos hingeben. Jede verbindliche Interaktion zwischen Parteien hat rechtliche Folgen, so auch die Bescherung. Die einleitende, schwerfällig anmutende Konkretisierung bildet den ersten Schritt zur Qualifikation der vorliegend interessierenden Übertragung von Weihnachtsgeschenken.

Aufgrund des titelgebenden Wortlautes scheint es naheliegend, den genannten Vorgang als Schenkung zu qualifizieren. Das Obligationenrecht definiert die Schenkung als Zuwendung unter Lebenden, womit jemand aus seinem Vermögen einen andern ohne entsprechende Gegenleistung bereichert. Bereicherung ist eine Vermögensvermehrung. Deshalb fallen Erlebnisgeschenke ohne finanziellen Wert (mit jemandem Zeit verbringen) nicht unter den Schenkungsbegriff. Auch die Erfüllung der Voraussetzung «ohne entsprechende Gegenleistung» darf bei Weihnachtsgeschenken mitunter hinterfragt werden. Keine Schenkung liegt demnach vor, soweit ein Geschenk mit der – wenn auch unausgesprochenen – Erwartung des Erhalts eines eigenen Geschenks übergeben wird. Beim Wichteln gehört die Gegenseitigkeit des Schenkens zum allseitig anerkannten Vertragsinhalt. Also keine Schenkung. Die Erfüllung einer sittlichen Pflicht wird gemäss OR ebenfalls nicht als Schenkung behandelt. Davon ist jedoch bei einem bloss gesellschaftlich erwarteten Verhalten nicht auszugehen, sondern erst, wenn das Unterlassen dieses Verhaltens als unanständig qualifiziert wird. Diese Schwelle ist bei der weihnächtlichen Geschenkverteilung nicht erreicht (wobei die Meinungen hier auseinandergehen können). Auch ginge es wohl zu weit, Weihnachtsgeschenke als Erfüllung der ehe- oder kindesrechtlichen Unterhaltspflicht zu verstehen.

Wie sind nun aber diejenigen Geschenkübergaben zu qualifizieren, welche keine Schenkung im Sinne des Obligationenrechts darstellen? Von einer Gefälligkeit ist nicht auszugehen, bei solchen handelt es sich um unverbindliche Dienstleistungen. Soweit eine Gegenleistung in Form eines Geschenks erwartet wird, liegt ein Tauschvertrag vor oder eine Kombination aus gemischter Schenkung und Tauschvertrag. Im Mehrparteien-Verhältnis, insbesondere beim Wichteln, liegt eine analoge Anwendung des Tauschvertrags nahe. Ein reines Erlebnisgeschenk kann einen Antrag zur Gründung einer einfachen Gesellschaft mit ideellem Zweck darstellen.

Wie einleitend ermahnt, fallen die Rechtsfolgen je nach Vertragszuordnung unterschiedlich aus. So beinhaltet ein Wichtelgeschenk etwa einen Gewährleistungsanspruch, während der oder die gegenleistungslos Beschenkte vom Schenkenden keinen Ersatz verlangen kann, wenn die frisch ausgepackten Socken bereits löchrig sind. Dafür darf der Beschenkte eine Schenkung ablehnen, ohne damit in Annahmeverzug zu geraten. Ob dies bei einem missfälligen Geschenk ratsam ist, überlasse ich Ihnen. Überlegenswert ist eine Ablehnung jedenfalls dann, wenn bei einer Annahme der Vorwurf der Hehlerei oder der Vorteilsannahme im Raum stünde.

Dazu passend eine Perle aus den Tiefen der Gesetzgebung: Im Wissen um die ausserordentlich guten Manieren unserer Bundesbeamten wurde in der Bundespersonalverordnung, Art. 93 Abs. 3, zuvorkommenderweise geregelt, wie vorzugehen ist, wenn «Angestellte Geschenke aus Höflichkeitsgründen nicht ablehnen [können]». Fazit aus der heutigen Lektüre: Höfliche Bundesangestellte sind gut beraten, an Weihnachten grosszügig zu wichteln.

Das Glaus Gabathuler-Team wünscht Ihnen besinnliche Festtage und eine mängelfreie Bescherung.

 

Von MLaw Severin Gabathuler, publiziert in der Linth Zeitung, im Sarganserländer und im Werdenberger&Obertoggenburger


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