Amerikanische Verhältnisse herrschen zwar noch nicht. Das Haftungsrisiko hat sich aber dennoch verschärft. Sowohl die Risiken als auch die Begierlichkeiten haben zu-genommen. Expo-Data zeigt auf, worauf man achten sollte.
Die GV.06 von Expo+Event Swiss Association machte es deutlich: Versicherbar sind auch in der Expo- und Event-Branche nur die Personen- und Sachschäden, nicht die Vermögens-schäden. Wer einen Auftraggeber schädigt, weil er Persönlichkeitsrechte oder Immaterialgü-terrechte verletzt, kann sich nicht versichern. Ausnahmen: Einige wenige akademische Beru-fe wie Ärzte, Anwälte, Ingenieure (ausführlich dazu unter www.glaus.com, werberechtliche Publikationen, August 2001). Wie die Werbeagenturen versuchen die Eventvermarkter und Ausstellungsmacher Branchenlösungen durchzusetzen. Vorläufig muss sich die Branche aber darauf beschränken, die Betriebshaftpflichtversicherungen so umfassend wie möglich zu gestalten.
Versicherung der Betriebsrisiken
Auch Betriebshaftpflichtversicherungen versichern nur mit Einschränkungen. Vom Versiche-rungsschutz erfasst sind grundsätzlich nur jene Ansprüche aus gesetzlicher Haftung, die mit der betrieblichen Tätigkeit (sog. „Betriebscharakter“) der versicherten Personen im Zusam-menhang stehen, z.B. aus Anlage- und Betriebsrisiken, Produkterisiken und teilweise auch aus Umweltrisiken. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) enthalten meist wei-tere Ausschlussklauseln (die allerdings nicht immer gültig sind). Die wohl grösste Tragweite haben Ausschlussklauseln bezüglich Vertragserfüllung und Gewährleistung. Damit werden Ansprüche auf Erfüllung von Verträgen oder an deren Stelle tretende Ansprüche auf Ersatz-leistungen wegen Nichterfüllung oder nicht richtiger Erfüllung. Im Kleingedruckten heisst es dann etwa: „Nicht versichert sind Ansprüche auf Erfüllung von Verträgen oder an deren Stel-le tretende Ansprüche auf Ersatzleistungen wegen Nichterfüllung oder nicht richtiger Erfül-lung (Unternehmerrisiko).“
Das sogenannte „Unternehmerrisiko“ soll ausgeschlossen werden. Was aber ist Unterneh-merrisiko, was Betriebsrisiko? „Nicht versicherbar ist das, was der Versicherungsnehmer will, etwa die Erfüllung des Vertrages, versicherbar ist das, was der Versicherungsnehmer nicht will, etwa die erfüllungsbegleitende Schädigung von Personen und Sachen“, schreibt Michael Lazopoulos in der Fachzeitschrift HAVE 2/2006 S.107ff. Schlechte Leistung und Verzug sind als sog. primäre Schäden nicht versichert. Versichert sind aber all jene Schäden, die über das Erfüllungsinteresse hinausgehen (sog. Folgeschäden).
Folgeschäden sind versichert
Der Folgeschaden ist im Vergleich zum primären Schaden ein Schaden, der nicht an der Sache selbst, sondern an anderen Rechtsgütern des Gläubigers entsteht. Folgeschäden sind daher stets von der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt. Lazopoulos nennt das Bei-spiel „Kühlschrank“. Es sind bei mangelhafter Lieferung eines Kühlschrankes die Ansprüche des Käufers oder Mieters wegen der nicht erreichten Kühlleistung (=Schlechtleistung) nicht gedeckt. Verderben wegen dieser mangelhaften Kühlleistung hingegen Melonen und andere Früchte, so sind Ansprüche für den Ersatz der Früchte vom Versicherungsschutz gedeckt. In diesem Sinn haben auch deutsche Gerichte entschieden. Wer baut, kann die Gewährleis-tungsansprüche nicht versichern. Aber Schäden, die durch das mangelhafte Werk verursacht werden (sog. Folgeschäden) müssen von der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt wer-den.
Weitere Einschränkungen
Der Versicherungsumfang wird in den AVB regelmässig durch weitere Ausschlussklauseln eingeschränkt. z.B. Ansprüche für Eigenschäden, Ansprüche von Familienangehörigen einer versicherten Person dieser selbst gegenüber, Ansprüche aufgrund einer vertraglich über-nommenen, über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehenden Haftung, Ansprüche aus reinen Vermögensschäden, Ansprüche aus der Haftpflicht für Motorfahrzeuge, Fahrräder, Schiffe, Luftfahrzeuge, Ansprüche aus der Haftpflicht als Bauherr etc.
Auch Strafverfahren sollten versichert sein
Man sollte darauf achten, dass sich der Versicherungsschutz auch auf den Rechtsschutz im Strafverfahren bezieht. Die Aufwendungen in einem solchen Verfahren können ins Geld ge-hen (z.B. Anwaltshonorare, Gerichts- und Expertisenkosten, Parteientschädigungen an Pri-vatkläger, Untersuchungs- und Verfahrenskosten. Nicht versichert sind Verpflichtungen, die Straf- oder strafähnlichen Charakter haben (z.B. Bussen). Die Versicherung hat dem Versi-cherten (z.B. einer fehlbaren Arbeitnehmerin) die anwaltschaftliche Vertretung zu finanzie-ren. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich im Strafverfahren die oder der Angeklagte nicht selber belasten muss, sondern die Aussage verweigern kann. Kritische Anmerkung: Um das zu umgehen, bieten die Untersuchungsrichter potentielle Angeklagte als Auskunftsperson zur Einvernahme auf. Bei Auskunftspersonen ist somit zur Vorsicht geraten.
Unverständliche Deckungsausschlussklauseln
Betriebshaftpflichtversicherungen und dazugehörige Zusatzangebote – insbesondere für „Obhutsschäden“ – sind oft Rätsel mit sieben Siegeln. Unverständlich. Sätze wie Purzel-bäume. Der Versicherungsnehmer wird als Laie in der Regel von der kurz und knapp ge-haltenen abstrakten Umschreibung der versicherten Gefahr ausgehen und darauf vertrau-en, dass im wesentlichen alle von dieser Umschreibung umfassten Risiken versichert sind. Erst im Schadenfall werden ihm die meist umfangreichen und kompliziert formulierten De-ckungsausschlüsse in den AVB vor Augen gehalten. Nur sind solche Ausschlussklauseln oft nicht gültig. Der Berner Professor Dr. Thomas Koller hat in einem Gutachten, das in der Zeitschrift „recht“ 1999, Heft 2 auf S.43ff. publiziert wurde, auf diesen Missstand hingewie-sen: „Ein besonderes Bedürfnis nach Kontrolle von Deckungsausschlussklauseln ergibt sich gerade aus dem Umstand, dass der mit der Verwendung von AGB häufig verbundene Überrumpelungs- und Verschleierungseffekt hier die Hauptleistung des Versicherungsver-trags (und nicht blosse Nebenabreden) betrifft“.
von Dr. iur. Bruno Glaus