Manche Sportlerin und mancher Sportler dürfte sich nach der Lektüre eines jüngeren Entscheids des Bundesgerichts mit einem Fuss im Gefängnis wähnen. Der Fall betraf ein Fussballspiel zweier Amateurmannschaften im Kanton Freiburg. Ein Spieler tackelte seinen ballführenden Gegner auf Höhe des Knöchels mit gestrecktem Bein.
Für den Gefoulten resultierte ein Knöchelbruch, für den Schädiger eine gelbe Karte – und eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung. Im erwähnten Entscheid hat das Bundesgericht die Verurteilung letztinstanzlich bestätigt.
Der strafrechtliche Umgang mit Körperverletzungen im Rahmen von körperkontaktbetonten Sportarten ist dogmatisch nicht restlos geklärt. Immerhin im Ergebnis sind sich Lehre und Rechtsprechung einig: Die Verwirklichung des sportartspezifischen Grundrisikos sollte keine strafrechtliche Sanktionierung nach sich ziehen. Zu diesem Grundrisiko gehören auch die mit körperkontaktbetonten Mannschaftssportwettkämpfen zwangsläufig einhergehenden "normalen" Fouls und Verletzungen. Für eine Verurteilung ist daher insbesondere der Schweregrad der Regelverletzung entscheidend. Auch schwerwiegende körperliche Folgen führen daher nicht zu einer strafrechtlichen Sanktionierung, wenn kein oder nur ein geringer Regelverstoss vorliegt. So wurde ein Amateur-Radrennfahrer freigesprochen, der anlässlich eines Rennens einen Kontrahenten bei einem Überholmanöver berührte, was bei letzterem zu einem Sturz mit Todesfolge führte. Auch bei hohen Tempi gehören Berührungen zum sportartspezifischen Risiko, so das Bundesgericht, welches den Freispruch bestätigte. Die Berührung während des Überholmanövers sei in den situativen Gegebenheiten nicht aussergewöhnlich gewesen und habe für die Radrennteilnehmer kein nicht mehr kalkulierbares Risiko geschaffen. Auch sei das Manöver nicht abrupt gefahren und dem Radrennfahrer kein aggressives oder blindlings gefährdendes Verhalten vorgeworfen worden.
Im eingangs erwähnten Fall wurde das streitgegenständliche Foul, welches der Schiedsrichter als „gefährlich" einschätzte, als schwerwiegende Verletzung der Spielregeln qualifiziert, mit welcher der Täter seine Sorgfaltspflicht verletzt habe. Dass das Foul „nur“ mit gelb geahndet worden ist, lässt aufhorchen. Bei einer mit der roten Karte zu sanktionierenden Aktion mit Verletzungsfolge liegt ein strafrechtlich relevanter Regelverstoss umso näher.
von MLaw Severin Gabathuler, publiziert im Sarganserländer und in der Linth-Zeitung