Mein 4-jähriger Sohn hat zu seinem Geburtstag ein paar andere Kinder eingeladen, um am Hang hinter unserem Haus zu schlitteln. Leider gab es einen kleinen Unfall, bei dem mein Sohn ein anderes Kind „gerammt“ hat. Nun fordert die Mutter des anderen Kindes Geld für den kaputten Bob-Schlitten. (F. T. aus Amden)
Aufgrund des jungen Alters ist eine direkte Haftung Ihres Sohnes wegen fehlender Urteilsfähigkeit ausgeschlossen (Art. 41 Abs. 1 OR i.V.m. Art. 19 Abs. 3 ZGB). Daher bleibt die Haftung der Eltern zu prüfen. Eltern haften nur unter bestimmten Voraussetzungen für das Handeln ihrer Kinder. Erstens muss das Kind minderjährig sein, zweitens muss ein gemeinsamer Haushalt bestehen und drittens müssen die Eltern eine Sorgfaltspflicht verletzen (Art. 333 Abs. 1 ZGB), indem sie beispielsweise die Kinder nicht hinreichend beaufsichtigen.
In einem ähnlichen Fall, bei dem sich eine Passantin wegen einer Kollision mit schlittelnden Kindern verletzte, urteilte das Bundesgericht zugunsten des Vaters der Kinder (BGE 133 III 556). Das Gericht stellte im Urteil fest, dass Kinder „grundsätzlich Kind sein dürfen“. Bei der Beurteilung der Aufsichtspflicht sei der Bewegungs- und Spieldrang von Kindern zu berücksichtigen. Die Möglichkeit der Eltern, jederzeit eingreifen zu können, sei begrenzt. Da der Vater unterhalb der Schlittelpiste wartete und somit seine Aufsichtspflicht hinreichend nachkam, verneinte das Gericht eine entsprechende Haftung des Vaters.
Zu beurteilen ist stets der konkrete Einzelfall, weshalb die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht 1:1 auf Ihren Fall übernommen werden kann. Soweit die äusseren Umstände – z.B. die Hangneigung, die Pisten- und Sichtverhältnisse – das Schlitteln zum fraglichen Zeitpunkt zuliessen und Sie die schlittelnden Kinder beaufsichtigt haben, ist eine Sorgfaltspflichtverletzung wohl zu verneinen. Entsprechend müssen Sie den kaputten Schlitten nicht bezahlen.
von MLaw Severin Gabathuler, publiziert in Obersee Nachrichten