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Eheliches Vertretungsrecht versus Vorsorgeauftrag

 Eine verheiratete Frau erleidet bei einem Skiunfall einen schlimmen Aufprall. Nach monatelangem Spitalaufenthalt im Koma steht fest: Sie bleibt urteilsunfähig. Sie kann ihre Entscheide nicht mehr selber treffen.

Unerwartete Ereignisse können jederzeit eintreffen und alle treffen. Die eigene Urteilsunfähigkeit ist unabhängig vom Alter unvorhersehbar. Und in einem solchen Fall verfügt ein allfälliger Ehegatte nur beschränkt über ein Vertretungsrecht. Das eheliche Vertretungsrecht nach Art. 374 ZGB berechtigt den Ehegatten nur (aber immerhin) in der Vertretung alltäglicher Angelegenheiten. Die Vornahme von ausserordentlichen Angelegenheiten durch den Ehepartner, die über das Alltägliche hinausgehen, sind nur zulässig, wenn ein Vorsorgeauftrag oder die Zustimmung der KESB vorliegt. Mit dem ehelichen Vertretungsrecht können Entscheidungen, wie beispielsweise die Unterbringung im geeigneten Pflegeheim oder ein Verkauf der Eigentumswohnung nicht durch den Ehepartner gefällt werden. Dazu braucht es einen Vorsorgeauftrag. Dieser muss vollständig eigenhändig geschrieben und unterzeichnet oder von einem Notar öffentlich beurkundet werden. Er kann jederzeit widerrufen werden.

Auch eine gegenseitige schriftliche Vollmacht unter Ehegatten, welche ab Eintritt der Urteilsunfähigkeit Wirkung entfalten soll, genügt nicht. Hingegen bleibt eine bereits vor dem Verlust der Urteilsfähigkeit wirksame Vollmacht auch darüber hinaus wirksam, wenn dies explizit darin festgehalten ist. Vor einer behördlichen Intervention ist man aber auch so nicht in jedem Fall geschützt, insbesondere bei dauernder Urteilsunfähigkeit. Damit empfiehlt es sich in jedem Fall, nicht nur mittels Vollmacht, sondern mittels Vorsorgeauftrag zu bestimmen, wer für den Fall einer Urteilsunfähigkeit Vertrauensperson sein soll.

Der Vorsorgeauftrag enthält drei Bereiche: Die Personensorge, die Vermögenssorge und die Vertretung im Rechtsverkehr. Die Personensorge betrifft hauptsächlich Aufgaben in Bezug auf die alltägliche Betreuung und Begleitung, wie bspw. das Wohnen oder der Heimeintritt in ein Alters- oder Pflegeheim organisieren. Bei der Vermögenssorge geht es vor allem um die sachgerechte Verwendung des Vermögens und Einkommens sowie die Wahrung der finanziellen Interessen. Unter der Vertretung im Rechtsverkehr fällt schliesslich die Befugnis des Vorsorgebeauftragten, auch in dessen Vertretung allgemeine Rechtshandlungen vorzunehmen, beispielsweise gegenüber Banken und Behörden. Der Umfang der Vertretungsbefugnis kann genauer definiert werden und allenfalls auch erweitert bzw. eingeschränkt werden.

Es empfiehlt sich, eine Kaskade festzulegen, d.h. zu bestimmen, wer als Ersatz an Stelle des Erstbeauftragten die Vertretung übernehmen soll. Diese Person muss selbst urteilsfähig sein und mit Vorteil gewillt, den Auftrag anzunehmen.

Von MLaw Véronique Dumoulin, publiziert in der Linth Zeitung und im Sarganserländer


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